Für Männer
Kontrollraum
Als Mann ist man häufig darauf fokussiert, alles im Blick zu haben und seine Frau und alle, die man liebt, zu beschützen: „Wir packen an und schaffen Lösungen.“ Zu erleben, wie sich die eigene Partnerin nach einem erlebten Schwangerschaftsabbruch verändert, kann weh tun und dabei eine tiefgehende Unsicherheit auslösen. Und obwohl rationale Gründe für die Entscheidung so offensichtlich waren, können ganz plötzlich die eigenen Beweggründe, die Liebesbeziehung oder sogar das eigene Leben in Frage gestellt werden.
Das Gefühl zu versagen und selbst nicht zu genügen kann in einen inneren Rückzug führen, während das Leben rundum pulsiert. Auch der Drang zur Flucht kann entstehen, obwohl man einfach nur wieder ankommen möchte.
Du bist nicht allein.
Es gibt Hoffnung.
Die VillaVie möchte für dich ein Kontrollraum sein.
Hier hast du es in der Hand, welche Steps du in deinem Tempo gehen möchtest.
Mach die Augen auf,
wenn du noch da bist.
Samuel Harfst
Musikvideo „Mach die Augen auf“ – Samuel Harfst
Ein Brief von Stefan – Mitte 20
Hi, ich bin Stefan und Mitte 20.
Ein schöner Sommertag, es ist warm, alles blüht, alles lacht. Ich steh irgenwie abseits und habe das Gefühl, nicht dazugehören zu dürfen. Wer ich bin? Ich bin jemand, der eine lebensverändernde Entscheidung getroffen hat – gemeinsam mit seiner minderjährigen schwangeren Freundin. Wir haben uns gegen unser Kind entschieden, haben uns die Chance genommen, Eltern zu sein, und ihm die Chance genommen, zu leben.
Seitdem sind fast zehn Jahre vergangen. Ich bin mittlerweile Mitte 20 und trotzdem lässt mich das Erlebte jenes Sommers nicht mehr los.
Ich war grade 17, sie war 15 Jahre jung. Wir waren verliebt und plötzlich werdende Eltern. Wir beide konnten es nicht glauben, wir waren selbst noch so jung, gingen noch zur Schule, standen am Anfang unseres Lebens. Und das Leben hatte uns ein neues, wundervolles Leben geschenkt – in Form eines Kindes.
Da standen wir nun beide. Völlig alleine, konnten uns an niemanden wenden und mussten uns für oder gegen das Leben unseres Kindes entscheiden. Es dauerte eine Woche, wir schrieben Pro-und-Contra-Listen, diskutierten, aber es wurde klar: Wir konnten keine Entscheidung treffen! Da warfen wir also eine Münze, um das Schicksal entscheiden zu lassen.
Nun, das Schicksal, wie ich es nenne, hat sich gegen unser Kind – unser wundervolles Kind – entschieden.
Damit war für uns klar, dass wir unser Kind abtreiben lassen mussten. Weil wir beide minderjährig waren, kam ich auf die Idee, in die Niederlande zu fahren. Dort würden weniger Fragen gestellt werden, wenn ich die „richtige“ Summe Geld mitbringe.
Also plante ich die Reise, und weil gerade Sommerferien waren, stellte uns im Zug auch keiner große Fragen, wohin wir denn fuhren. Wir beide sprachen nicht viel auf der Reise, und als wir ankamen, durfte ich das Blutgeld bezahlen und musste meine geliebte Freundin und mein Kind zurücklassen. Ja, in der Gewissheit, ich werde nur noch mit einem Menschen zurückfahren. Ironischerweise ist der erste und einzige Ausflug von uns dreien auch zeitgleich der letzte gewesen. Diese Tatsache fiel mir erst sehr viel später ein und lässt mich bis heute nicht mehr los.
Also holte ich sie am nächsten Morgen wieder ab. Ich machte mich ganz früh drei Kilometer zu Fuß auf den Weg zu ihr, um sie wieder in die Arme nehmen zu können. Ich sah sie im Rollstuhl sitzen und bitterlich weinend sagte sie zu mir:
“Wir haben unser Kind verloren!“ Viel mehr sagte sie nicht, als ich sie zum Bahnhof tragen musste. Wieder ein Weg von mehr als drei Kilometern. Sie weinte und war einfach nur fertig mit den Nerven. Die nächste Woche verbrachten wir zusammen bei ihr, damit sie wieder zu Kräften kommen konnte. Es war eine schwere Zeit für uns beide, doch wir schafften es als Paar vereint aus dieser Zeit.
Bis heute prägt und beschäftigt mich das Erlebte aus dieser Zeit und ich habe Jahre gebraucht, mich jemandem anzuvertrauen. Die VillaVie gab mir den Raum und die Zeit, um das Erlebte zu akzeptieren, aber auch einen Umgang mit meinen Gefühlen zu erlernen.
Mit jedem Gespräch wurde ich mutiger, und es gelang mir schließlich, mich meiner Familie und Freunden nach und nach anzuvertrauen und zu öffnen.
Ablehnung erfuhr ich dabei glücklicherweise nie, aber die Angst war trotzdem jedes Mal gewaltig, Ablehnung erfahren zu müssen.
Heute kann ich wieder lachen und bin froh, dass ich das Leben an jedem Tag wieder mehr und besser fühle – in ewigem Gedenken an unser Kind und meine Partnerin.
Ich wünsche euch allen viel Mut und Kraft.
Und hoffentlich bis bald in der VillaVie.
Unsere Antworten auf deine Fragen:
Die gesamte Arbeit der VillaVie lebt zu 100 % davon, dass Menschen in die VillaVie hineinspenden, damit j e d e r Mensch die Einladung in die VillaVie kostenfrei annehmen kann.
Ja klar kommen auch Männer in die VillaVie; entweder für sich allein, mit einem Kumpel oder mit der eigenen Partnerin.
Logisch, wenn du dir das wünschst, können wir dich sehr gerne mit anderen Männern connecten, die untereinander ins Gespräch kommen möchten.
Wir sind weder „ProLife“ noch ProChoice“; wir sind ganz einfach FÜR jeden Menschen, der den Mut findet, sich in der VillaVie zu melden, mit dem, was ihn bewegt.
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